MdbK [in transit]

MdbK [in transit] ist ein fortlaufender Diskussions- und Lernprozess. Zu ihm gehören die Identifizierung (unsichtbarer) Barrieren, die Schaffung eines Bewusstseins für Rassismus und Diskriminierung sowie für Ausschlussmechanismen in der Kunst und in der Institution Museum. Auf der Grundlage und im Austausch mit (neuen) Publikumsgruppen wird die Programmatik des MdbK schrittweise weiterentwickelt. In den Ausstellungen und Veranstaltungen aber auch in der Sammlungspräsentation werden neue Perspektiven sichtbar.

Bye bye, Orient!

Amina Aziz, Porträt
Amina Aziz, Porträt

Mittwoch, 15.01.2025, 18 Uhr
Bye bye, Orient! Gespräch und Führung mit Amina Aziz

Amina Aziz räumt mit Bildern über den fiktiven Ort namens Orient auf. Aziz kontextualisiert Rembrandts Werk und zeigt anhand dessen auf, wie der Kolonialismus bis heute wirkt. Gleichzeitig zeigt Aziz Fallstricke der öffentlichen Debatte auf, in der einerseits Vieles das Label "Decolonize it!" erhält und in der Kritik am Post-Kolonialismus oft nicht gerechtfertigt ist. Gemeinsam mit dem Publikum schaut sich Aziz die Werke wie „Mann mit Turban“ von Rembrandt an und zeigt, dass nicht der Maler das Problem in der Debatte ist.

Amina Aziz arbeitet als Journalist*in und Autor*in zu gesellschaftspolitischen Themen mit Fokus auf die Auswirkungen des Kapitalismus und Kolonialismus. Aziz hat in Hamburg, Damaskus und Teheran Islamwissenschaft studiert und hat im wissenschaftlichen Betrieb gearbeitet, bevor sie sich dem Journalismus zugewandt hat. Sie ist Co-Chefredakteur*in des MISSY MAGAZINES und hat u.a. für ARD Kultur, das Kunstmuseum Basel, die WOZ und taz Texte und Audiostücke geschrieben und produziert.

Eintritt frei! Die Anzahl der Plätze ist begrenzt. Um Anmeldung über olga.vostretsova@leipzig.de wird gebeten.

Licht und Schatten. Rembrandt-Kult in Deutschland 1890-1945

Links: Betender Greis, in: Wilhelm Reinhold Valentiner (Hg.). Rembrandt: Des Meisters Gemälde in 643 Abbildungen / mit einer biographischen Einleitung von Adolf Rosenberg. 3. Aufl. Klassiker der Kunst 2. Stuttgart/Leipzig: Deutsche Verlagsanstalt, 1909, S. 459. | Rechts: Hermann Göring beim Lesen in dieser Rembrandt-Publikation Valentiners im Musée du Jeu de Paume, neben ihm Bruno Lohse (Ausschnitt), AMN, O30-438, Courtesy: Paris, Archives des Musées Nationaux
Links: Betender Greis, in: Wilhelm Reinhold Valentiner (Hg.). Rembrandt: Des Meisters Gemälde in 643 Abbildungen / mit einer biographischen Einleitung von Adolf Rosenberg. 3. Aufl. Klassiker der Kunst 2. Stuttgart/Leipzig: Deutsche Verlagsanstalt, 1909, S. 459. | Rechts: Hermann Göring beim Lesen in dieser Rembrandt-Publikation Valentiners im Musée du Jeu de Paume, neben ihm Bruno Lohse (Ausschnitt), AMN, O30-438, Courtesy: Paris, Archives des Musées Nationaux

Mittwoch, 27.11.2024, 18 Uhr
Licht und Schatten. Rembrandt-Kult in Deutschland 1890-1945
Vortrag und Gespräch mit Dorothee Wimmer

Warum propagierte der Kunsthistoriker Langbehn 1890 die Erneuerung Deutschlands durch Rembrandt? Welche Netzwerke steckten zudem mit welcher Zielsetzung hinter dieser Publikation “Rembrandt als Erzieher”, die zum Bestseller und Kultbuch avancierte – und dies, obwohl dieses populäre Buch nationalistische und antisemitische Züge trug und ein nicht geringer Teil der zeitgenössischen Sammlerinnen und Sammler jüdischer Kultur war? Inwiefern nahm auch Hitlers politisch-ideologische Programmschrift “Mein Kampf”, die er nach seinem gescheiterten Putsch gegen die Weimarer Republik in zwei Teilbänden zwischen 1924 und 1926 schrieb, Anklänge an Langbehns Kultbuch? Und warum sollte dann gerade dieser niederländische Künstler des 17. Jahrhunderts 1937 auf der „Ersten Tagung deutscher Museumsdirektoren“ zum „entarteten Ghetto-Künstler“ erklärt werden? Mit diesen Fragen im Fokus geht der Vortrag den Dynamiken und Hintergründen des Rembrandt-Kultes der Jahre 1890 bis 1945 in Deutschland nach.

Dorothee Wimmer ist Direktorin des Forums Kunst und Markt / Centre for Art Market Studies an der Technischen Universität Berlin und Mitherausgeberin des Journal for Art Market Studies. Nach einem Studium der Kunstgeschichte, Romanistik, Geschichte und Germanistik in Freiburg i. Br., Paris und Berlin hat sie an der FU Berlin über das Menschenbild in der französischen Kunst, Literatur und Philosophie um 1960 promoviert (“Das Verschwinden des Ichs”, Reimer 2006). Seit 2004 lehrt sie an Universitäten in Bremen, Berlin und Heidelberg, aktuell an der TU Berlin; von 2011 bis 2017 war sie zudem Vorsitzende der Richard-Schöne-Gesellschaft für Museumsgeschichte e.V. (“Museen im Nationalsozialismus”, ed. with Tanja Baensch and Kristina Kratz-Kessemeier, Böhlau 2016). Sie forscht und publiziert zu den Spannungsfeldern und Dynamiken zwischen Kunst, Politik, Recht und Ökonomie sowie zu „Rembrandt im Nationalsozialismus“.

Jean-Baptiste Carpeaux. Warum versklavt geboren!

Jean-Baptiste Carpeaux, (1827-1875), Pourqui nâitre esclave? /Warum versklavt geboren!/ Why Born Enslaved! , 1868 Schenkung / Donation Bühler–Brockhaus 2004
Jean-Baptiste Carpeaux, (1827-1875), Pourqui nâitre esclave? /Warum versklavt geboren!/ Why Born Enslaved! , 1868 Schenkung / Donation Bühler–Brockhaus 2004

In der europäischen Malerei und Bildhauerei des 19. Jahrhunderts ist die Darstellung Schwarzer Frauen aus Afrika oder der Karibik relativ selten. Die wenigen, die dargestellt werden, bleiben in der Regel namenlos. Auch ihre Identitäten und Biografien bleiben unbekannt. Das abgebildete Individuum wird oft auf einen ethnographischen Typus reduziert und steht stellvertretend für die Bedingungen und Umstände einer ganzen Gruppe von Menschen. Dies ist auch bei Jean-Baptiste Carpeaux’ Skulpturenbüste Warum versklavt geboren! (1868) der Fall – einem komplexen und ambiguen Werk, das angeblich den vermeintlichen Humanismus und die abolitionistische Haltung des Bildhauers widerspiegelt. Es handelt sich jedoch auch um ein Kunstwerk, das für die erotisierte Ausbeutung des (Schwarzen) weiblichen Körpers steht.

1868 modelliert und zunächst in Gips gefertigt, wurde Warum versklavt geboren! später sowohl in Terrakotta als auch in Bronze und Marmor gegossen. Wenngleich das Kunstwerk durch seine ausgeprägte Schönheit und Sinnlichkeit besticht, bleibt die Grausamkeit des dargestellten Themas bestehen: die gewaltsame Versklavung der Schwarzen Frau. Die Büste, die an ein skulpturales Fragment erinnert, steht stellvertretend für die Gesamtheit des versklavten Körpers. Als solche greift sie auf stereotype und sexualisierte Darstellungen des (Schwarzen) weiblichen Körpers zurück und zwingt die Betrachtenden somit, die ästhetische Erfahrung, die hervorgerufen wird, mit dem Schrecken und der Brutalität der Versklavung in Einklang zu bringen.

360° - Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft

Das MdbK ist Teil des bundesweiten Förderprogramms 360° – Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft. Mit dem Programm unterstützt die Kulturstiftung des Bundes Kultureinrichtungen dabei, sich intensiver mit den Themen Migration und kulturelle Vielfalt als chancenreichen Zukunftsthemen auseinanderzusetzen und neue Zugänge und Sichtbarkeiten für Gruppen der Gesellschaft zu schaffen, die bislang nicht ausreichend erreicht wurden.