Grafik im Fokus:
Grafik im Fokus:
Francisco de Goya – Druckgrafik #1
30.10.2025 — 01.02.2026




Das grafische Werk des spanischen Künstlers Francisco de Goya (1746 Fuendetodos, Provinz Saragossa – 1828 Bordeaux) wird in der vierten und fünften Folge der Reihe Grafik im Fokus vorgestellt. Goya, als Hofmaler, Porträtist und Akademiedirektor erfolgreich in Madrid, war auch ein passionierter Grafiker. Er sammelte selbst Grafiken, unter anderem von Rembrandt und Giovanni Battista Tiepolo, und arbeitete vor allem zwischen 1797 und 1825 ohne Auftrag und für den freien Markt als Grafiker. Seine vier zum Teil sehr umfangreichen Grafikzyklen „Los Caprichos“ (1799), „Los Desastres de la Guerra“ (1820), „La Tauromaquia“ (1816) und „Los Disparates“ (1824) entstanden in dieser intensiven Schaffensphase.
Im ersten Ausstellungsteil werden „Los Disparates“ sowie die Radierungen nach Velázquez präsentiert. Die „Los Desastres de la Guerra“, eine Leihgabe der LETTER Stiftung Köln, wird, da die Folge als Buch gebunden ist, in einer Vitrine ausgestellt. Geplant ist, wöchentlich eine neue Seite aufzuschlagen. Im zweiten Teil werden im Frühjahr 2026 Goyas „Los Caprichos“ präsentiert.
Zu Lebzeiten konnte Goya nur zwei Grafikfolgen veröffentlichen: „Los Caprichos“ und „La Tauromaquia“. Von allen Werken fertigte Goya Probedrucke an, die er sicher deponierte. Die Druckplatten verkaufte er teilweise schon zu Lebzeiten, andere blieben im Besitz der Familie und wurden erst später veräußert. Daher konnten viele Jahrzehnte nach seinem Tod die grafischen Zyklen in verschiedenen Auflagen gedruckt und verbreitet werden. Das sammlerische Interesse für Goya außerhalb Spaniens erwachte ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Im Jahr 1900 erwarb das MdbK, wahrscheinlich mit Mitteln des Leipziger Kunstverein e. V. die Grafikfolge „Los Disparates“. Wohl als 70-Jähriger begann Goya seine letzte Folge, die er 1824 abrupt mit seiner Flucht aus Spanien beendete. 22 radierte Kupferplatten sind bekannt. Aus politischen und persönlichen Umständen konnte er zu Lebzeiten keine autorisierte Ausgabe anfertigen, sondern nur Probeabzüge. Die Platten blieben in Spanien. Erst 1864 wurde die Grafikfolge in ihrer ersten Veröffentlichung unter dem Titel „Los Proverbios“ (Sprichwörter) mit 18 Blatt angeboten. Weitere Platten wurden 1877 von der französischen Zeitschrift L’ Art mit eigenständigen Titeln publiziert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fanden sich Probedrucke der Folge, auf denen zum Teil handschriftliche Titel verzeichnet waren, die sicherlich von Goya stammen. Sie beginnen mit dem Wort „Disparate de“ (Torheit von), weshalb sich der Titel „Los Disparates“ (Torheiten) für die Folge durchsetzte. Goya präsentiert in dieser Serie eine Welt voller Tollheiten, Torheiten und Absurditäten, die in der Kunst bildhaft werden können und gleichzeitig rätselhaft bleiben.
25 Jahre später erstand das MdbK Goyas bis heute bekanntestes Werk, den 80 Blatt umfassenden Radierzyklus „Los Caprichos“. Es handelt sich um eine herausragende frühe erste Ausgabe, die aus der Sammlung des Wiener Kunstsammlers Julius Hofmann (1840–1913) stammt. Sie war wenige Monate vor der Erwerbung in einer Kabinettausstellung des MdbK zu sehen. Goya kommentierte mit den Werken kritisch die gesellschaftlichen und politischen Missstände Spaniens. Aktuelle Probleme wie Armut, Sexualität, Prostitution und das überlebte Standesbewusstsein des Adels werden thematisiert. In den Grafiken zeigte sich Goya als unabhängiger und eigenständiger Künstler, der seine persönlichen Erfahrungen, Ängste und Sorgen zu Themen macht. Von den 300 Exemplaren der ersten und einzigen zeitgenössischen Auflage der „Caprichos“ fanden anfangs nur 27 einen Käufer.
Für die grafischen Folgen verwendete Goya das neue Verfahren der Aquatinta, das 1768 von dem französischen Künstler Jean-Baptiste Le Prince (1734–1781) bekannt gemacht worden war. Diese Ätztechnik ermöglicht es, Flächen zu gestalten, und nicht – wie bei der Radierung oder dem Kupferstich – mit Linien, Schraffuren oder Punkten, flächenbildende Elemente zu formen. Die Aquatinta erscheint dem Auge eher wie eine lavierte Zeichnung in Tusche oder Sepia. Goya kombinierte die Technik der Radierung mit der Aquatinta und retuschierte teilweise seine Kompositionen noch mit der Radiernadel. Für seine Bilderlust und -welt sowie künstlerischen Intentionen entwickelte der Künstler die grafischen Techniken frei weiter. Er schuf bis heute irritierende, aufwühlende und drastische Bilder in Schwarz-Weiß, die zahlreiche Künstler*innen inspirierten – so auch den Leipziger Max Klinger (1857–1920), aus dessen Nachlass Goyas frühe Radierungen (1778/79) nach Gemälden des spanischen Malers Diego Velázquez (1599–1669) in die Leipziger Sammlung kamen.
Die Fortsetzung der Sammlungspräsentation Francisco de Goya – Druckgrafik #2 wird vom 26.02.2026-07.06.2026 ausgestellt.
